Bohrsches Atommodell
Im Jahr 1913 hat Niels Bohr sein berühmtes Atommodell aufgestellt. Laut diesem Modell gibt es nur bestimmte erlaubte Bahnen, auf denen sich das Elektron bewegen kann. Doch der Reihe nach. Wie in einem Rezeptbuch hat Bohr die ihm zur Verfügung stehenden Wissensbausteine seiner Zeit zusammengesetzt.
Von Rutherfords Streuexperiment an der Goldfolie wissen wir, dass der Atomkern winzig ist im Vergleich zur Atomhülle, in der sich das Elektron befindet. Aber wie bewegt sich das Elektron? Eine naive Vorstellung wäre die eines planetenähnlichen Systems. Der Atomkern entspricht der Sonne, das Elektron dem Planeten, der durch die elektrische Anziehung auf einer Kreisbahn gehalten wird.
Das Problem hierbei ist, dass eine beschleunigte Ladung wie eine Antenne strahlen müsste. Das Elektron würde Energie verlieren und schließlich in den Atomkern hineinstürzen. Klassisch gesehen wäre so ein Atom instabil!
Bohr konnte nicht erklären, warum das Atom stabil ist, er hat es postuliert: Bohr nimmt an, dass nur bestimmte, diskrete Bahnen für das Elektron erlaubt sind. Daraus folgt aber, dass nur bestimmte diskrete elektromagnetische Strahlungsübergänge erlaubt sind. Es wird Strahlung frei, wenn das Elektron in eine tiefere Bahn hüpft. Befindet sich das Elektron auf der innersten Bahn, ist der sogenannte Grundzustand erreicht.
Die erlaubten Bahnen sind laut Bohr charakterisiert durch den Drehimpuls: Der Drehimpuls muss ein ganzzahliges Vielfaches des Planckschen Wirkungsquantums h quer sein.
Wie sieht es mit der Energie des Elektrons aus? Allgemein gesprochen ist ein gebundener Zustand durch negative Energie charakterisiert. Erst wenn diese sogenannte Bindungsenergie überwunden wird, hat das Elektron positive Energie und kann entkommen – das Atom ist dann ionisiert.
Wir betrachten aber die gebundenen Zustände, insbesondere den Grundzustand, also die innerste Bahn mit n=1. Die nächste Bahn n=2 hat höhere Energie, die Bahn n=3 hat wieder mehr Energie, und so weiter.
Bei den Übergängen, bei denen elektromagnetische Strahlung frei wird, können wir uns jetzt an Rydbergs Verallgemeinerung von Balmers Formel erinnern. Die Differenz zwischen den Zahlen n und m können wir als Energiedifferenz neu interpretieren – z. B. zwischen der Schale drei und der Schale zwei. Damit hat Bohr eine geniale Deutung von Rydbergs Resultat gefunden.
Durch Bohrs Postulat diskreter Bahnen lässt sich also das diskrete Absorptions- und Emissionsspektrum neu deuten. Beim Übergang beispielsweise von der Schale 3 nach 2 im Wasserstoff wird ein Photon frei – umgekehrt, wenn es von 2 nach 3 angehoben wird, wird ein Photon dieser Frequenz absorbiert. Das absorbierte oder emittierte Licht entspricht in jedem Fall der Energiedifferenz zwischen zwei erlaubten Energieniveaus im Atom.
Bohrs Postulat bestimmter erlaubter Bahnen für das Elektron ermöglicht es zu erklären, warum nur bestimmte Emissions- und Absorptionsenergien von Photonen im Atom möglich sind. Warum aber nur diese Elektronenbahnen erlaubt sind, konnte Bohr nicht erklären.
Ein Schritt in diese Richtung wurde später durch Louis de Broglie gelegt, der Welleneigenschaften für Materie, insbesondere also auch für Elektronen postuliert hat. Somit kann man das Elektron nicht als ein rechts oder linkslaufendes Teilchen, sondern als rechts- und links laufende Wellen verstehen, die sich überlagern. Bei dieser Überlagerung kann sich eine stehende Welle bilden, aber diese stehende Welle braucht bestimmte konstruktive Interferenzbedingungen.
Gemäß de Broglie wird jedem Impuls P eine Wellenlänge Lambda zugeordnet. Konstruktive Interferenz zwischen rechts- und linkslaufenden Wellen ergibt sich, wenn ein Vielfaches dieser Wellenlänge gleich dem Kreisumfang ist, also 2πr=lλ, hier im Beispiel für l=2. Durch diese revolutionäre Idee lässt sich das Bohr’sche Postulat als Bedingung für stehende Wellen deuten.
Der nächste Schritt in Richtung Quantenphysik ist die Frage, was denn dieses schwingende Etwas, was das Elektron irgendwie beschreibt, sein soll – insbesondere, in wieviel Dimensionen es schwingt. Zweidimensional wie im Bohr’schen Atommodell ist die stehende Welle bestimmt nicht. Dreidimensional ist sie mindestens, aber das ist erst der Anfang, der Aufbruch in die Quantendimension.
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